Beschreibung:
Die Australische Gespenstschrecke hat sich seit gut 5 Jahrzehnten in der Terraristik etabliert. Gerne werden sie in diversen Schulprojekten erforscht, aber auch in privaten Haushalten hat sie sich zu einer beliebten Einsteigerart hochgearbeitet. Das liegt sowohl an ihrem interessantem Verhalten, als auch an ihrer Genügsamkeit was ihre Haltung angeht. Diese Phasmide kann man bedenkenlos in Kinderhände geben. Selbstverständlich sollten die Eltern ein wachendes Auge darauf haben, allerdings wird sich die Faszination der Tiere rasch auf die ganze Familie ausdehnen.
Allgemeines:
Wenn ich an die Australische Gespenstschrecke denke, fallen mir zwei Wörter ein die für mich speziell für diese Art ausschlaggebend sind:
Mimese und Mimikry
Als Mimese wird in der Biologie eine Form der Tarnung beschrieben. Bei ungeübten Augen kann man die Australische Gespenstschrecke leicht mit vertrocknetem Laub verwechseln. Bei der Fortbewegung wippen sie wie Blätter im Wind, dadurch gerät der ganze Zweig ins Wanken und sie verschmelzen mit ihrer Umgebung.
Mimikry ist die Anpassung wehrloser Tiere an die Farbe oder Gestalt gefürchteter, wehrhafter Tiere. Dafür gibt es zahllose Beispiele in der Natur, aber was haben unsere Gespenstschrecken damit zu tun?
In Australien gibt es eine Ameisenart namens Leptomyrmex, diese Ernteameise macht das, was alle ihrer Art machen. Sie sammeln Samen und lagern diese in ihrer Kornkammer ein. Dort werden sie nach Bedarf zu Ameisenbrot verarbeitet und den Larven verfüttert.
Da die Eier der Australischen Gespenstschrecke große Ähnlichkeit mit Samenkapseln haben, werden auch diese in die Kornkammer transportiert.
Die Eier der Australischen Gespenstschrecke sind hartschalig und von den Ameisen nicht zu knacken. Dadurch lagern sie monatelang in der Kornkammer der Leptomyrmex unter perfekten Bedingungen. Die Ameisen putzen den Samen damit kein Schimmel entstehen kann und die klimatischen Gegebenheiten für die Inkubation der Eier sind perfekt.
Das alleine wäre ja schon bemerkenswert, aber was aus diesen Eiern schlüpft übertrifft so manche Vorstellung. Darwin sagte einmal: „Es ist nicht die stärkste Spezies die überlebt auch nicht die intelligenteste sondern eher diejenige die am ehesten bereit ist sich zu verändern.“
Hier ein wunderschönes Foto von Leptomyrmex ruficeps
Image © Alex Wild
Eine frisch geschlüpfte Extatosoma tiaratum
In den ersten Tagen sehen sie optisch der Ameisenarbeiterin sehr ähnlich. Auch die Farbmerkmale, roter Kopf und schwarzer Körper wurden kopiert. Das Verbreitungsgebiet der Ameisen entspricht der Australischen Gespenstschrecke. Sie leben in den Eukalyptuswälder Ostaustraliens.
Dieses Aussehen und der Geruch des Nestes reichen der Gespenstschrecke völlig aus, um unversehrt aus dem Nest zu flüchten und auf Futtersuche zu gehen. Man kann dieses rastlose Verhalten der frisch geschlüpften Schrecken auch in Gefangenschaft sehr schön beobachten. Die Ameisenart biegt ihren Gaster nach oben um Wehrsekrete nach vorne zu verspritzen. Alle Tiere die schon mal Bekanntschaft mit der aggressiven Ameisenart hatten, lassen die Gespenstschrecken weiterziehen und schrecken eher zurück.
Nach der ersten Häutung (L2) nimmt die Australische Gespenstschrecke ihr ursprüngliches Aussehen an und betreibt statt Ameisenmimikry Mimese.
Größe:
Männchen: 10,0 cm
Weibchen: 14,0 cm
Nahrung:
Australische Gespenstschrecken ernähren sich in freier Wildbahn fast ausschließlich von Eukalyptus. In unserer Flora wächst kein wilder Eukalyptus, daher müssen wir auf andere Futterpflanzen ausweichen.
Die gefräßigen Extatosoma tiaratum weichen problemlos auf eine Vielzahl anderer Pflanzen um, wie zum Beispiel:
Eichenlaub (Quercus)
Feuerdorn (Pyracantha)
Himbeere (Rubus idaeus)
Brombeere (Rubus allegheniensis)
Rosengewächse (Rosaceae)
Rose (Rosa)
Wildrose (Rosa sp.)
Weißdorn (Crataegus)
Johannisbeere (Ribes)
Erdbeere (Fragaria)
Haselnuss (Corylus avellana)
Eberesche (Sorbus aucuparia)
Quitte (Cydonia oblonga)
Pflaume (Prunus domestica)
Kirsche (Cerasus)
Wilder Wein (Vitis vinifera subsp. sylvestris)
Da die Australische Gespenstschrecke nicht sehr wählerisch ist, kann man auch noch mit verschiedenem Futter experimentieren. Sehr gerne könnt ihr unten in den Kommentaren weitere Sorten auflisten, die ich dann gerne mit in die Liste aufnehme.
Lebensraum:
Das Verbreitungsgebiet der Australischen Gespenstschrecke liegt in Ostaustralien, insbesondere in Queensland und New South Wales. Daneben kommt sie auch in Neuguinea vor. Es werden Waldgebiete mit Eukalyptusbestand bewohnt und sie sind in der Baum- und Strauchvegetation anzutreffen. Bevorzugt leben die Gespenstschrecken in frostfreien Gebieten mit hohem Niederschlag.
Haltung im Insektarium:
Da die Australische Gespenstschrecke sehr viel Ruhe und Platz für die Häutung braucht, und die Endgrösse der Tiere durchaus beachtliche 14cm groß sein kann, empfiehlt sich ein 50cmx50cmx60cm (Länge x Breite x Höhe) Insektarium. Die Tiere gedeihen wunderbar bei Zimmertemperatur von 20°C bis 23° C. Ich besprühe einmal pro Woche, wenn ich frisches Futter bereitstelle, das komplette Insektarium. Da es sich um nachtaktive Tiere handelt, kann auf Leuchtmittel gänzlich verzichtet werden. Wirklich wichtig ist das Bereitstellen von frischem Futter. Die Tiere sind wirklich gefräßig und haben einen hohen Futterverschleiß den man auch bedienen muss. Daneben können noch zusätzliche Kletteräste angeboten werden. Auch wenn man frisches Futter ins Insektarium stellt, sollte immer genügend Platz zur Häutung da sein.
Ich persönlich verwende als Bodengrund Küchenpapier. Man kann es sehr schnell austauschen und die Eier sind sehr gut erkennbar. Selbstverständlich kann man auch die üblichen Bodensubstrate wie Humus, Sand, Tongranulat, Vermiculit oder Rindenstückchen verwenden. Sobald man einen organischen Bodengrund verwendet, sollte man immer ein paar Ofenfischchen zur Schimmelbeseitigung einsetzen.
Fortpflanzung:
Geschlechtsbestimmung:
Die Geschlechtsbestimmung ist simpel und kann bereits ab L2 durchführt werden. Weibliche Extatosoma tiaratum weisen am ganzen Körper kleine Dornen auf. Die männlichen Australischen Gespenstschrecken besitzen hingegen gar keine. Ein weiteres Indiz für die Geschlechtertrennung ist das weibliche Abdomenende, dieses hält sie Skorpion artig über dem Rücken während das Männchen sein Abdomen gerade gestreckt hält.
Später kommen noch weitere Hinweise dazu. Selbstverständlich ist ein Indiz der beachtliche Größenunterschied und auch die Körperfülle. Männchen sind eher Stiftförmig und sind von ihrer Grundform schlank. Die Weibchen besitzen Stummelflügel, bei den Männchen hingegen ragen die Flügel über das Abdomen Ende hinaus. Die Männchen können relativ gut fliegen, die Weibchen überhaupt nicht. Die Beine sind beim Weibchen lappenförmig verbreitert, beim Männchen ist das weniger ausgeprägt.
Geschlechtsreife:
Die Weibchen werden nach ca. 6 Häutungen, somit in L7 adult. Männliche Extatosoma tiaratum nach 5 Häutungen, also in L6. Die Weibchen brauchen nach der Reifehäutung noch 2 Wochen bis zur Paarungsbereitschaft. Männchen nur 1 Woche. Die Lebensdauer nach der Geschlechtsreife beträgt beim Weibchen bis zu einem Jahr und beim Männchen 3-5 Monate.
Verpaarung:
Sobald sich ein Paar gefunden hat steigt oder fliegt das Männchen auf den Rücken des Weibchens und die Kopulation beginnt. Dabei überträgt das Männchen seine Spermien in Form einer Spermatophore. Die Übergabe von Spermatophoren stellt eine Möglichkeit der Begattung dar, die zu einer inneren Befruchtung führt. Durch diese Begattungsform werden weniger Spermien benötigt als bei einer äußeren Befruchtung. Das Männchen schiebt dieses Paket in die Öffnung des Abdomens. Danach werden die Spermien in die Samentasche des Weibchens übertragen. Dort werden dann die Eier befruchtet. Dieser Vorgang geht einige Stunden lang. Falls das Weibliche Tier noch nicht paarungsbereit ist, kann das Männchen oft tagelang auf dem Rücken des Weibchens ohne eine Kopulation verharren.
Eiablage:
Nach etwa 3 Wochen legt das Weibchen die ersten Eier. Dazu schleudert sie diese einfach auf den Boden.
Inkubation:
Bei einer Inkubation von 20°C bis 23° C schlüpfen die ersten Jungtiere nach etwa 6 Monaten. Ich inkubiere die Eier wie oben auf dem Foto dargestellt. Als Bodengrund verwende ich Vermiculit oder Tongranulat und ein paar Ofenfischchen. Die Eier selber lege ich in eine mit sandgefüllte Verschlusskappe. Der Sand wird dabei niemals angesprüht sondern immer nur das Vermiculit. Dadurch verhindert man den Schimmelwachstum und das Ertrinken des Embryos.