Vorwort:

Der Irrtum bezeichnet im engeren Sinne eine falsche Annahme oder Meinung oder einen falschen Glauben, wobei der Behauptende, Meinende oder Glaubende jeweils das Falsche für richtig hält. Im Gegensatz zu einer Lüge, bei der die Wahrheit bewusst verfälscht worden ist, entsteht ein Irrtum unabsichtlich aus falschen Informationen oder Fehlschlüssen.

Keine Angst du bist hier richtig, und es geht auch um Mehlwürmer. Allerdings haben wir dank dieser Bezeichnung diese Einleitung. Eigentlich handelt es sich ja nicht um einen Wurm sondern um eine Larve, oder habt ihr schon mal erlebt, dass sich ein Wurm häutet? Aber was sich einmal im Kopf festsetzt wird man so schnell nicht wieder los. Daher wird der Mehlwurm für immer ein Wurm, und die Kokosnuss für immer eine Nuss bleiben. Bevor ihr jetzt googeln müsst, eigentlich ist die Kokosnuss eine Steinfrucht, aber wer nimmt das schon so genau?

Allgemeines:

Schwarzkäfer sind weltweit verbreitet und zählen zu den häufigsten Kulturfolgern. Im Freien bewohnen sie, gleich wie ihre Larven, Mulm, verrottendes Holz und Vogelnester. In der Umgebung der Menschen bewohnen sie Mehl und andere Getreideprodukte und halten sich bevorzugt an dunklen und warmen Stellen auf.

Für die Fütterung sämtlicher Terrarienbewohner sind Mehlwürmer weiterhin unentbehrlich, wenn sie auch erheblich an Bedeutung verloren haben. Als ich vor ca. 27 Jahren mit der Terraristik begann, war die Fütterung der Terrarientiere noch ein echtes Problem. Das ganze Hobby war damals noch kaum kommerzialisiert und erforderte einen großen persönlichen Einsatz. Im Sommer griff man auf Wiesenplankton zurück und im Winter verfütterte man ausschließlich Mehlwürmer. Das hat sich heute zum Glück geändert, da die Nährwerttabelle nicht viel gutes über den Mehlwurm ans Licht bringt.

Wieso sollte man weiterhin Mehlwürmer züchten? Mein Hauptargument ist die Unabhängigkeit von Lieferschwierigkeiten der Futtertierzüchter. Oftmals gibt es in den Wintermonaten Schwankungen, da viele gar nicht versenden, manche nur mit erheblichem Aufpreis, da der Mehraufwand doch erheblich ist. Auch habe ich schon öfters erlebt, dass komplette Zuchten eingebrochen sind und man komplett auf dem “trockenen Sitzt”. Es ist also eine Art Notfallversorgung, die bei mir im kleinen Rahmen betrieben wird.

Selbstverständlich zählt der Mehlwurm ja mittlerweile auch zu den Proteinquellen unserer Nahrung. Daher ist es doch toll, seine eigene Biolarven zu züchten, immer im Bewusstsein “ich weiß was drin steckt”. Für alle die gerne Hamburger essen und nach einem Rezept suchen werden hier fündig.

Anatomie:

Zucht:

Ich benutze als Zuchtbehälter BraPlast Dosen mit 1,3 Liter Inhalt, da ich eher selten Mehlwürmer verfüttere. Generell kann man alles Mögliche verwenden, man sollte nur min. 4 Stück davon haben. Nimm keine Holz oder Pappe, hier fressen sich die Mehlwürmer heraus. Je nachdem wie groß man die Zucht aufziehen möchte, sollte man seine Behältnisse anpassen. Als sehr praktisch haben sich Schubladenboxen erwiesen.

Mehlwurm Zuchtbox

Bevor man mit der Zucht loslegen kann, ist noch eine kleine Optimierung an den Boxen / Schubladen von Nöten. Sämtliche Behälter benötigen eine Belüftungsfläche. Ich mache sie Drosophila-Dicht, damit sich keine Fliegenzucht bildet. Die zweite Box / Schublade präpariere ich wie folgt:

  1. Boden ausschneiden, dabei einen Rand zum verkleben stehen lassen (min. 1 cm)
  2. Drahtgaze mit einer Maschenweite von 1,5 mm als Bodenersatz verkleben
  3. Deckel so ausschneiden, dass der Drahtgazeboden perfekt reinpasst

Entwicklung:

Die Mehlwürmer / Mehlkäfer haben eine Lebensdauer von rund einem Jahr. Selbstverständlich hängt die Dauer von der Temperatur und der Nahrung ab. Die adulten Tiere haben eine Größe von ca. 30 mm und haben sich 5-14 Mal in ihrem Leben gehäutet. Bei einer optimalen Haltung, wechseln die Larven frühestens nach 2-3 Monaten in das Puppenstadium. Nach einer 3 wöchigen Puppenruhe werden sie zu Mehlkäfer. Die vollständige Metamorphose, sprich vom Ei zum Käfer dauert somit 11 Wochen. Weibchen legen im Laufe ihres Lebens zwischen 100 und 320 Eier. Die Lebensdauer der Käfer beträgt 4 bis 6 Monate.

Man sollte die Zuchtansätze bei etwa 23-25°C aufbewahren, da die Entwicklungsdauer temperaturabhängig ist.

Füttern:

Sie fressen wirklich fast alles. Ich rate von allzu feuchtem Futter (Tomaten, Wassermelone usw.) allerdings ab, da sich dort sehr gerne Schimmel und auch Milben bilden können.

Mehlwurm Feuchtfutter

Ich persönlich verwende sehr gerne Karotten. Diese lassen sich portionsweise einfrieren und selbstverständlich auch für die eigene Verkostung verwenden. Das einfrieren hat noch den zusätzlichen Effekt, dass abgelegte Eier am Gemüse oder Obst absterben. Als Restverwerter kann man auch einfach Kompostabfälle verfüttern, allerdings nur so viel, dass innerhalb von 2-3 Tagen alles aufgefressen wurde. Das Nassfutter und Obst legt man am besten mit der weichen Seiten zum Boden, damit die Larven sich von unten nach oben fressen können. Beim Schwarzkäfer verhält es sich genau anders rum und man bietet ihnen am besten das Obst mit der Schnittfläche nach oben an. Etwas Bierhefe kann man zum Feuchtigkeitsausgleich ebenfalls hinzutun.

Mehlwurm Futter

Als Hauptfuttermittel für die Mehlwürmer verwende ich Kleie. Kleie ist ein Sammelbegriff für die bei der Getreide­verarbeitung nach Absieben des Mehles zurückbleibenden Rückstände aus Samenschalen. Je hochwertiger wir unsere Mehlwürmer füttern, desto besseres Futter bekommen unsere Tiere. Mehl als alleiniges Futtermittel ist zu feinkörnig. Dadurch können die Tiere ersticken, deshalb sollte man es nur gemischt mit anderem Futter und nicht zu 100% den Mehlwürmern verfüttern.

Zucht starten:

Die obere Box mit der Drahtgaze als Boden ist die “Liebeslade”. Dort werden die fertigen Käfer einsortiert, die sich nach ca. 2 Wochen verpaaren und Eier legen. Bei den Schwarzkäfer benutze ich Haferflocken, damit die Flocken nicht durch das Sieb fallen. In dieser Box sollte immer ausreichend Feuchfutter vorhanden sein. Die Drahtgaze dient dazu, dass teilweise schon die Eier in die nächste Schublade fallen, spätestens aber die frisch geschlüpften Mehlwürmer. Das hat den Vorteil, dass für sie keine Gefahr mehr besteht von den kannibalischen Mehlkäfern gefressen zu werden.

Die mittlere Box ist für die Aufzucht der Mehlwürmer gedacht. Dort kommt die hochwertige Weizenkleie zum Einsatz. Einmal pro Woche biete ich ihnen Feuchfutter in Form von Karotten an. Je nach Tierbesatz fallen vor allem in dieser Box regelmäßige Reinigungsarbeiten an. Als erstes siebt man den Kot aus, danach reinigt man am besten mit Wasser und Spülmittel die komplette Box.

Durch die unterschiedlichen Larvenstadien die der Mehlwurm durchläuft, hat man für fast alle Größen das passende Futter.

Den dritten Behälter verwende ich als “Puppenhaus”. Käfer und Larven sind recht gefräßig und fressen sich gerne gegenseitig an. Vor allem gehen sie gerne an die Puppen, da diese relativ wehrlos sind. Um solche Todesfälle in Grenzen zu halten, trenne ich sie. Dazu sortiere ich wöchentlich alle Puppen aus dem unteren Behälter aus und lege sie zur Puppenruhe in die separate Box in der sich eine dünne Schicht Haferflocken und ein feuchtes Tuch befindet. Die Puppen findet man in der Regel an der Oberfläche des Substrats und man kann sie bequem per Hand oder mit dem Löffel aussortieren. In diesem Arbeitsgang sortiere ich gleich noch die toten Tiere aus. Gesunde Larven sind hell. Schwarze oder graue Larven sind tot, diese sollten aussortiert werden. Eine gewisse Anzahl an Verlusten lässt sich nicht vermeiden, allerdings sollte sich diese im Rahmen halten. Wenn Puppen oder Würmer in großer Anzahl schwarz werden ist höchstwahrscheinlich die Luftfeuchtigkeit in den Behältern zu hoch oder zu niedrig. Sie sollte zwischen 50 und 70% betragen.

Der unterste Behälter ist leer und benötigt keinen Deckel. Ich stelle einfach das “Puppenhaus” hinein, so ist es weiterhin platzsparend. Wenn ich die Mehlwurm-Box öffne, muss ich die Käferbox zur Seite stellen und da der Boden lediglich aus einer Gaze besteht fallen Haferflocken-Krümel und eventuell Mehlwurm-Eier oder frisch geschlüpfte Mehlwürmer heraus. Da der Mehlwurm immer noch ein Vorratsschädling ist und auch bleibt, gehe ich kein Risiko ein und stelle in dieser Zeit die Mehlkäfer-Box auf den leeren Behälter.

Mehlwürmer verfüttern:

Man kann ein kleines Döschen in das Insektarium stellen und dort die Mehlwürmer anbieten. So kann die Mantide selbstständig hinlaufen und sich bedienen.

Ich reiche ihnen Mehlwürmer ausschließlich mit der Pinzette. Hungrige Gottesanbeterinnen gewöhnen sich schnell an eine Pinzette.
Wenn sie gar nicht möchte kann man folgendes versuchen. Den Mehlwurm mit einer Schere leicht anschneiden und diese frische Schnittstelle ab die Taster der Mantide halten. In der Regel fängt sie ziemlich schnell zu fressen an und verwendet dann auch ihre Fangarme dazu.